Das perfekte Verbrechen
Heiner Studt’s Bilder sind additiv zusammengesetzt und wirken anorganisch. Sie bilden die Oberfläche ab und versuchen durch bestimmte (gewollte oder beliebige) Anordnungen von Motiven Assoziationen hervorzurufen, die tiefergehende Schichten erfassen (Unbewußtes) und durch ihr Zusammenwirken neue, aber nicht mehr eindeutig faßbare Aussagen machen. Die Auswahl der Motive ist willkürlich? einem Wertesystem unterworfen? oder unbewußt? Alles zusammen vermutlich.
In seiner Aussage zu „Tüchtigkeit und Gemütlichkeit“ wird deutlich: Heiner Studt’s Bilder sind Bilder einer Verdrängung. Er zeigt die Erscheinungsebene der „Verdrängung, nicht aber den Verdrängungsmechanismus. Hier wird Heiner Studt leider manchmal arrogant: Er negiert den tatsächlichen Schrecken, der den Leuten in den Knochen sitzt, die Ohnmachtsgefühle und die Angst.
Er faßt kurz, und dieses Kurz-Fassen unterstellt er anderen, gewollt oder ungewollt.
Als kosmisch kann ich seine Bilder mancher Bildaussagen und einer gewissen Schwerelosigkeit wegen em-pfinden (Gegenstände ohne dreidimensionalen Raum, fast schattenlos , geistig/Intellektuell/theoretische Beziehungen der Dinge). In ihrer Struktur sind die Bilder technisch. Der Kosmos ist ein organisches Beziehungs-gefüge. Heiner Studt’s Bildteile sind streng abgegrenzt und konkretisiert beziehungslos. Das Bemühen, zwischen geschlossenen, atomisierten Systemen (Individuen) Beziehungen herzustellen, wird sichtbar, aber bleibt in Formalisierungen stecken. Heiner Studt’s Bilder sind weder real noch irreal. Sie zeigen die Welt in ihrer technischen Demontage? Montage? Berechnung? Das Ungewollte wird in den Bereich der Assoziation abgedrängt, wobei auch diese nicht zufällig ist. Der Zufall aber ist ein wichtiger Faktor des Kosmos. (Er kann sogar berechnet werden.)
Die Bilder zeigen die Gesellschaft in der Austauschbarkeit ihrer Produkte, in einer inneren Unberührbarkeit und in einer gewissen Reglosigkeit der Form, Die stilisierte Erstarrung seiner Objekte und Menschen, das beziehungslose Nebeneinander erhalten Absolution durch ein übergeordnetes, klassisches Ordnungsgefüge (Harmonie), das keine Störungen zuläßt. Wo gibt es in Heiner Studt’s Bildern die Möglichkeit des Ausbruchs? Jede Form ist so perfekt gestaltet, daß sie Veränderung verbietet. Das könnte ein Mangel sein, der die kritische Intention seiner Bilder mißkreditiert: Wer kritisiert, impliziert Veränderung. Und Veränderung ist nicht statisch, sondern mobil.
Seine Bilder gehn nicht unter die Haut, sie zeigen die Haut: Glatt, makellos, zur Schönheit verkommen. Und vollkommen. (Das perfekte Verbrechen.) Ob das ausreicht?
Heidi Zuper